Ochsen-Tour durch Coesfeld

Auf Ochse!

Vor elf Jahren wurde auf Initiative der Ernsting Stiftung der Kunstverein Münsterland e.V. gegründet. Vom ersten Tag an bis heute, wird er von Engagement, ehrenamtlichter Tätigkeit und der Begeisterung für die zeitgenössische Kunst getragen und zählt zu den Kunst- und Kulturinstitutionen in Coesfeld. Er widmet sich der Aufgabe, aktuelle Positionen der Gegenwartskunst einem breiten Publikum zu vermitteln. In fünf bis sechs Ausstellungen pro Jahr unterstützt und fördert der Kunstverein Münsterland e.V. insbesondere freischaffende zeitgenössische Künstler.

Seit Januar 2002 hat der Kunstverein ein eigenes Kinder- und Jugendprogramm.

1. "Auf Ochse!" - Kunstverein Münsterland e.V. - Jakobiwall 1

Auf der Grundlage der Coesfelder Stadtgeschichte entstand 2010 das Kunstprojekt des Kunstvereins Münsterland „Auf Ochse!“ für Schüler und junge Erwachsene, um Geschichte erlebbar zu machen und ein kreatives Forum zu bieten. An verschiedenen attraktiven und historisch relevanten Stellen in der Stadt stehen künstlerisch gestaltete Ochsen auf Sockeln und laden zum Rundgang durch die Stadt ein. Dieses Projekt fand in Kooperation mit Coesfeld und Freunde e. V., der Sparkasse Westmünsterland, zahlreichen Partnern aus Kultur, Bildung und Wirtschaft statt. Privates Engagement Coesfelder Bürger trug ebenfalls zur Realisierung bei.

2. "Ochs-Couture" - Hettlage Fashion/ModeHeckmann

Ab dem 12. Jhd. war der Coesfeldische Handel mit Tuch und Leinwand, dann aber auch mit Landesprodukten, namentlich mit Ochsen, Leder und Korn, bedeutend. Coesfelder Händler erwarben in Deventer für den Einzelhandel Tuche oder sehr begehrte Lederhandschuhe, um sie wieder an die Kundschaft in Coesfeld und auf den Märkten im Coesfelder Marktbereich abzusetzen.
Am besten waren die dem Tuchhandel nachgehenden Wandschneider situiert.
Der Handel mit Textilien hat also eine lange Tradition. 1928 gründete Hugo Ernsting ein Textilhaus in Coesfeld, welches im Laufe der Zeit stetig expandierte und heute, immer noch im Familienbesitz, an gleicher Stelle, unter Hettlage Fashion firmiert.

3. "Carne Vale" - Die-La-Hei - Coesfelder Karneval und Natz Thier Pfauengasse

Das Hinterhaus der alten Zinngießerei Thier in der Pfauengasse 6 ist heute die Gedenkstätte des Mundartdichters Natz Thier. Natz Thier prägte den ersten Coesfelder Karnevalsumzug und die Gründung der Die-La-Hei. Wir schreiben das Jahr 1934, "Carne Vale!" Nimm Abschied vom Fleisch. Es war jahrhundertelang Brauchtum in Westfalen, die Fastenzeit durch große Feste und Feiern einzuläuten. Am 20. Februar - Fastnachtsdienstag - trafen sich die Bürger- und Junggesellenschützen Coesfelds zu ihrem traditionellen Frühschoppen. Anwesend war auch der damals in Köln tätige Reichsbahnrat Natz Thier. Ob von vornherein die Durchführung eines Umzuges durch Coesfeld geplant war, verschweigt die Geschichtsschreibung. Tatsache ist jedoch, dass sich im Laufe des Frühschoppens bei Kiffmeyer eine fantastische Stimmung entwickelte, die mit einem Zug durch die Gemeinde endete. Eine geradezu magischen Anziehungskraft muss von diesem Bild und der launevollen Fröhlichkeit aller Beteiligten ausgegangen sein, schlossen sich doch immer neue Zuschauer als Mitläufer an, bis schließlich die Straßen Coesfelds voller Menschen waren. Vorne weg Natz Thier auf einem Bierfass thronend. Die Breitenwirkung der Idee forderte endlich ihre ordentliche Vereinsgründung der Die-La-Hei am 11. März 1936.

4. "Cash Cow" Zollstation Süringtor

Mit der Zeit entwickelte sich in Westfalen ein dichtes Netz aus Handelsorten, von denen sich 1246 Münster, Osnabrück, Minden, Herford und Coesfeld zu einem ersten Bündnis, dem sog. Ladbergener Städtebund, zusammenschlossen. Coesfeld band sich ein in die wirtschaftlichen Haupthandelswege seiner Zeit. Über Dülmen, Lüdinghausen, Lünen erhielten Coesfelder Kaufleute Anschluss an Dortmund und damit an die Hellweg-Achse, über Borken erschlossen sich die rührigen Händler den Niederrhein und Köln. Bekannt sind Verbindungen nach Bremen als Ausgangspunkt für die Bergenfahrer und über Rheine Richtung Emden als mittelbarer Seezugang. Offenbar spielte Coesfeld entweder als landwirtschaftliches und in diesem Fall besonders als Zentrum der Viehproduktion eine Rolle oder es gab einen bedeutsamen Handel mit Vieh, die aus den west-, ost- und nordfriesischen Zuchtgebieten stammten und auf den Weiden der Bürger oder Viehhändler auf dem Weg in die rheinische Metropole Köln mit ihrer stets vorhandenen Nachfrage zwischen gemästet wurden. Wenn Fremdochsen, also aus anderen Region in die Stadt kamen, mussten sie am Süringtor Zoll bezahlen.

5. "Old McDonald" - Städtischer Schlachthof - Borkener Straße

Der erste städtische Schlachthof wurde am 25. Januar 1894 feierlich eröffnet. Die Richtzahlen für die Dimensionierung der Anlage orientierten sich an den 10 in Coesfeld tätigen Metzgern, die im Jahresdurchschnitt 648 Rinder, 1010 Kälber, 752 Schweine, 165 Schafe und Ziegen sowie 25 Pferde schlachteten. Allerdings nahm die Stadt vom Einbau einer Kühlanlage, der wichtigsten technischen Modernisierung am Ende des 19. Jahrhunderts, einstweilen Abstand.
Nach den alliierten Bombenangriffen vom 21.3.1945 war der Schlachthof stark in Mitleidenschaft gezogen. Erst im März 1953 nahmen die Pläne zur Errichtung eines Kühlhauses konkrete Pläne an. Der Trend zur Zentralisierung in industriell geprägten Großschlachthöfen untergrub dem städtischen Wirtschaftsbetrieb allmählich den Lebensnerv. Der städtischen Schlachthof wurde zum 1. November 1972 geschlossen. Dienstleistungsunternehmen, wie die Firma Westfleisch, übernahmen an anderer Stelle wirtschaftlicher und effizienter die Funktionen dieses Segments der Kommunalwirtschaft.

6. "Ochs Bacon" - Schlachterei Rulle - Marktplatz

Im Jahr 1580 entschloss sich der Coesfelder Landwirt Rulle, ein Teil seines Hofes zu einem Ladenlokal umzubauen. Daraus sollte sich die bedeutendste Schlachterei Coesfelds entwickeln, deren Spezialität Westfälischer Knochenschinken war und die bis zum Jahre 2000 auf eine über 400 Jahre alte Familientradition zurückblicken kann. Das Geschäft wurde immer wieder vom Vater auf den Sohn übergeben.
Das Stammhaus befand sich auf der Letter Straße, heute "Ihr Platz". Das Schlachtvieh, Rinder und Schweine, kamen direkt aus Coesfeld und Umgebung und wurde sozusagen "am Strick" zur Schlachterei Rulle geführt. Neben den lokalen Landwirten und Händlern, war auch die Zusammenarbeit mit jüdischen Viehhändlern aus Coesfeld sehr eng und vertrauensvoll. Die jüdischen Händler durften nur die Vorderviertel der Tiere verkaufen, da diese koscher waren.

7. "Cosmo" - Votivtafeln in der Lambertikirche - zwischen Rathaus und Lambertikirche

Eine Votivgabe (von lat. „votum“: Gelübde) ist der künstliche oder natürliche Gegenstand, den der Votant gemäß einem Gelübte („ex voto“) an heiliger Stätte als Zeichen des Dankes für die Rettung aus einer Notlage darbringt. Vom Gebet unterscheidet sich die Votation durch das Versprechen und schließlich durch die Darbringung einer Gabe. Im Christentum gibt es Votivbrauchtum seit den Anfängen. Zur reichsten Entfaltung kam es in der Barockzeit, als auch die Wundergläubigkeit ihren Höhepunkt erreichte Im Besitz der Lamberti Gemeinde ist eine Votivtafel, die sich auf die Haltung von Ochsen bezieht. Votivtafeln sind in der Vitrine im Kircheninneren zu betrachten, die von Menschen als Dank für ihre Gebetserhörung gestiftet wurden.

8. "Globe Trotter" -Viehtor - Kleine Viehstraße

Das 13. und 14. Jahrhundert zeigt Coesfeld in reger Tätigkeit, das äußere Bild der Stadt zu formieren. So entstanden der Stadtgraben, eine kräftige Mauer und fünf Tore, die die Zufahrtswege in die Stadt absicherten. Das schönste Tor der Stadt war das Münstertor. Im Süden lag das Letter Tor, nach Westen das Süringtor, im Norden das Viehtor und am Einfluss der Berkel in die Stadt das Walkenbrücker Tor. Das Viehtor wurde 1320 erbaut. Von dort aus führten die Wege nach Rheine und Ahaus. Durch das Viehtor wurde das einheimische Vieh zu den Märkten in die Stadt getrieben. Die Stadt Coesfeld entwickelte sich vom 13. bis 15. Jahrhundert zu einem blühenden Ort des Handwerks und des Handels. Zu regem Handelstreiben erwachte die Stadt besonders an den seit undenklichen Zeiten statt findenden Wochenmärkten montags und donnerstags. Dazu wurden noch vier Hauptjahrmärkte abgehalten, von denen der Ursulamarkt noch heute die Tradition fortsetzt.

9. "Usse Ossen" - Jüdischer Viehhandel in Westfalen

Juden hatten sich beruflich über Jahrhunderte hauptsächlich auf den Handel konzentriert, weil sie durch Einschränkungen der Behörden und der christlichen Zünfte von den meisten Berufen ausgeschlossen waren. Der Handel mit lebendem Vieh, besonders mit Pferden und Rindern war für die jüdischen Menschen auf dem Lande traditionell der wichtigste Erwerbszweig. Die steigende Nachfrage nach Fleisch sorgte für ein ständiges Wachsen dieses Marktes. Noch 1920 wurden zum Beispiel circa 60 % der Viehhandelsgeschäfte von jüdischen Händlern betrieben. Die Berufserfahrungen wurden von Generation zu Generation weitergegeben. Jüdische Viehhändler hatten sich ein fundiertes Wissen angeeignet, besaßen besondere Kenntnisse bei der Beurteilung von Vieh und galten fachlich als sehr qualifiziert. Der hohe eigene Kundenstamm zeugt von einer über Generationen hin aufgebauten guten Vertrauensbasis, die sie mit den christlichen Bauern hatten. Die Händler berieten ihre Kunden zugleich in Fragen des Anbaus und der Tierhaltung. Das Haus Walkenbrückenstraße 30 war ehemals im Besitz einer jüdischen Händlerfamilie. Es ist in seiner Grundstruktur erhalten und restauriert. Es wurde in Coesfeld als "Ackerbürgerhaus" bezeichnet. In der älteren Zeit könnten sich hier seitlich der Diele auch Stallungen für das Vieh befunden haben.

10-11-12 "Landleben" - Pulverturm - Walkenbrückentor - Promenade

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden in zahlreichen Städten Krankenhäuser, deren Bettenzahl zwischen zwanzig und vierzig lag, unter anderem auch in Coesfeld. 1844 kamen Initiativen zur Errichtung eines Krankenhauses in Coesfeld unter der Leitung der "Barmherzigen Schwestern" auf, das 1849 realisiert wurde.
Das St. Vincentius Krankenhaus ist eine selbständig wirtschaftende Einrichtung. Auf der gegenüberliegenden Seite vom Pulverturm betrieb es eine Weidewirtschaft. Das dort grasende Vieh, auch Ochsen, wurde für die Verpflegung der Kranken gehalten und gemästet, um sie später zu schlachten. Außerdem wurden für die Kranken im Krankenhaus-Garten Gemüse und Kräuter angebaut.

13. "Auf Ochse" - Kreishaus - Ende des Rundgangs

Der Ochse am Kreishaus symbolisiert in Farbe und linearem Muster die unterschiedlichen und dynamischen Wege durch die Jahrhunderte Coesfelder Stadtgeschichte in Bezug auf das Wappentier der Stadt.