Die ersten zehn Stolpersteine in Coesfeld verlegt

Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig erinnern jetzt auch in Coesfeld an das Schicksal jüdischer Mitbürger

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Foto: (c) Claudia Haßkamp

Am  Dienstag (28.2.) verlegte der Künstler Gunter Demnig die ersten 10 Stolpersteine in Coesfeld. Der städtische Bauhof war behilflich, Pflastersteine aus den Gehwegen hochzunehmen und später die Verlegestelle wieder in ihren vorigen sicheren Zustand zu versetzen. Ende des Jahres hatte Demnig in Memmingen den 75000sten Stein verlegt. Ein Kamerateam des WDR Lokalzeit Münsterland war  vor Ort. Ihnen sagt Demnig im Interview, dass er eine Erstverlegung immer selbst mache, 95 Prozent dieser 75000 Steine auch selbst verlegt habe. „Für mich ist ja nicht der Stein das Kunstwerk, sondern das, was ringsherum passiert. Der Kontakt zu den Angehörigen und Organisatoren ist mir wichtig.“ Morgens um 9.00 Uhr begann Gunter Demnig  mit der Verlegung der Steine in der Kleinen Viehstraße 25 vor dem  Sanitätshaus Märtens, ca. 100 Coesfelder begleiten die Aktion zur Erinnerung an ehemalige jüdische Mitbürger, die in den Häusern ihren letzten freigewählten Wohnsitz hatten. Die ersten vier Steine wurden für Emma und Hermann Cohen und Albert und Hermann Mannsbach verlegt. Mitglieder der Stolpertein-Initiative  und Schüler der Theodor-Heuss-Realschule verlasen Kurzbiografien und legten weiße Rosen ab. Zwei  weitere Stationen wurden angesteuert (Mühlenstraße 5: Ida und Albert Cohen und ihre Töchter Gerta und Hildegard) und die ehem. Weberstraße 4 (Henriette und Samuel Goldschmidt). Der Saxophonist Jochen Schwenken begleitete musikalisch die Velegungen.

Nach der ca. einstündigen Verlegung schloss sich eine Gedenkstunde in der überfüllten Synagoge an. Claudia Haßkamp begrüßte in ihrer Ansprache die Gäste, dankte den Ratsmitgliedern, die sich fast einstimmig Mitte 2019 dafür ausgesprochen hatten, das Projekt , durch das bereits in 24 Ländern solche Gedenksteine verlegt wurden, auch in Coesfeld umzusetzen und  sie dankte der Bürgerstiftung für deren tatkräftige organisatorische Unterstützung. „Stolpersteine sind ein wichtiger Mosaikstein im Rahmen einer gesamtstädtischen Erinnerungskultur“, sagte sie, „sie gedenken anders, weil sie immer sichtbar sind, immer, an jedem Tag.“ 1. Stellvertretender Bürgermeister Gerrit Tranel betonte in seiner Rede : „Heute ist ein denkwürdiger Tag für die Stadt Coesfeld….. das Stolpersteinprojekt ist eine Gegenbewegung zum Vergessen.“ Er erinnerte, dass die Stadt schon auf vielfältige Weise an den Holocaust erinnert. „Aber ein Zuviel an Gedenken gibt es nicht.“ Und er forderte die Zuhörer auf: „Wo immer Sie heute Antisemitismus und Rassismus begegnen – nehmen Sie das nicht hin. Widersprechen Sie!“  Den musikalischen Rahmen gestalteten die „Theosingers“ der Theodor-Heuss-Realschule mit ihrer Musiklehrerin Rebekka Schlappa, die sie auf ihrem Akkordeon begleitete. Sie sangen drei vertonte Artikel der Menschenrechte, z.B.:  „Alle Menschen sind von Geburt an gleich und frei.“  Fünf Schülerinnen des Pius-Gymnasiums erstellten einfühlsame anrührende  lyrische Texte zum Thema in einem Deutschkurs „Kreatives Schreiben“ unter Leitung von Petra Fietzek.

Claudia Haßkamp schilderte die „Hölle von Riga“, die kaum jemand überlebte, Wolfgang Jung ließ das Leid der Überlebenden begreifbar werden auf der Basis von  Wiedergutmachungsakten. In seinem Ausblick sagte er, dass der Initiativkreis sich jetzt dem Schicksal der zweiten Familie Cohen, die am Wiedauer Weg wohnten, widmen wolle, u.a. wird es um den erst 7jährigen Karl-Heinz Freund und seine Eltern (seine Mutter Martha, geb. Cohen) und die Überlebende Wilhelmine Süsskind (verheiratete Cohen) gehen.

(Text: Claudia Haßkamp)

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