Jugendpolitik macht Schule

Planspiel am Pius bereitet kommunale Jugendbeteiligung vor

Veröffentlicht am

die Beteiligten beim Planspiel in einem Klassenraum am Pius vor einer Tafel mit notierten Stichworten
Foto: (c) Stadt Coesfeld

Jugendbeteiligung als künftiges Projekt erlebbar machen: Darum ging es an zwei Vormittagen, an denen Sabine Wessels und Martin Holtmann vom Jugendamt der Stadt Coesfeld die beiden SoWi-Kurse der EF-Stufe am Pius-Gymnasium besuchten.

Zustande gekommen war die Aktion über einen Kontakt des Jugendamtes zu dem Fachlehrer Andre Markmann, der sich in seinem Unterricht mit den Jugendlichen bereits seit langem mit Fragen der Politik und Beteiligung beschäftigt.

Dabei wurde nicht nur geredet, sondern auch gemacht: Mit einem Planspiel im Gepäck wurden die Jugendlichen in die gar nicht mal so fiktive Situation versetzt, Ideen für eine mögliche Weiterentwicklung der Skateranlage am Bahnweg zu erarbeiten.

Im Mittelpunkt stand dabei das Gedankenspiel: Was wäre, wenn wir als offizielle Jugendvertretung mitreden und mitentscheiden dürften und damit auch in Verantwortung gegenüber anderen Jugendlichen ständen?

Gleichwohl wurde auch kontrovers diskutiert: Haben Jugendliche eigentlich (zu wenig) Zeit für Mitbestimmung? Eine Frage, die sich vor allem die jungen Menschen stellen, die sich auf der Zielgeraden zu ihrem Schulabschluss befinden.

Oder: Sollte es Belohnungen für politische Beteiligung geben? Ebenfalls eine interessante Frage, wenn man an die ganz normale Zahlung von Sitzungsgeldern z.B. an Ratsmitglieder denkt.

Klar wurde: Jugendliche schauen ganz genau hin, wenn es darum geht, für sich zu entscheiden, ob und für welche Themen ein eigenes politisches Engagement überhaupt in Frage kommt. Und dauerhaft bindende Arbeitsformen werden vor dem Hintergrund einer solchen Abwägung eher kritisch gesehen.

Martin Holtmann: „Wir wollen mit unserer Methode Jugendbeteiligung live erlebbar und fühlbar machen. Es ist etwas anderes, politische Verantwortung auch für andere und für einen komplexeren Prozess zu übernehmen, als sich primär nur für seine persönlichen Belange einzusetzen.“

Die Schulen aktiv einbinden

Mit diesem Ansatz tourt das Team der Kinder- und Jugendförderung bereits seit einigen Monaten durch die weiterführenden Schulen in Coesfeld: „Am Ende werden wir an allen Schulen der SEK 1 und 2 präsent sein und ein Standbein haben“, so Sabine Wessels, die Teamleiterin der Kinder- und Jugendförderung. „Unser Ziel ist es, Jugendbeteiligung greifbar zu machen und Jugendlichen für den weiteren eigentlichen Entstehungsprozess zu interessieren – wir wollen zum Mitmachen einladen.“

Auch mit den SV’en der Schulen sind Kontakte und Austausch geplant. Denn das ist das Entscheidende an der Entwicklung einer eigenständigen Jugendpolitik für Coesfeld: „Rein theoretisch könnten wir vom „Grünen Tisch“ als Fachkräfte zusammen mit der Politik entscheiden, beispielsweise einfach ein Jugendparlament mithilfe eines anteiligen Schlüssels gemessen an der Anzahl der jeweiligen Schüler:innen aller Schulen einzurichten. Es wäre aber ein schwerer Konstruktionsfehler“, so Martin Holtmann, „Jugendliche an der grundsätzlichen Gestaltung künftiger Beteiligungsformate nicht maßgeblich einzubeziehen. Deswegen gehen wir diesen aufwändigen und auch individuellen Weg.“

Ein weiterer Grund für diese differenzierte Vorgehensweise ist der fachliche Anspruch, Jugendliche aus möglichst vielen Lebenswelten und Milieus zu interessieren, damit spätere Jugendbeteiligung repräsentativ und aussagestark wird.

Wie geht es weiter?

Das Planspiel am Pius-Gymnasium ist nicht das erste und das einzige seiner Art. Sabine Wessels: „Wir waren schon mit der Methode an beiden Coesfelder Realschulen sowie an der Kreuzschule. Die übrigen Schulen werden folgen, mit jeder suchen wir nach einem geeigneten Setting und Formen der weiteren Zusammenarbeit.“

So sind für Anfang Februar mit den beiden Klassen 8 der Kreuzschule zwei sogenannte Rathaustage unter Mitwirkung der Bürgermeisterin Eliza Diekmann geplant.

Angedacht sind auch Formate wie z.B. Filmprojekte zu jugend- und kommunal-spezifischen Themen oder Bedarfen.

Fachlich beraten und begleitet wird das Team der Kinder- und Jugendförderung durch die Servicestelle für Kinder- und Jugendbeteiligung des Landesjugendamtes beim LWL.

„Im Laufe des Jahres 2022 werden wir einen vorläufigen Strich ziehen“, so Martin Holtmann. „Wir werden dann mit den Jugendlichen, die sich bei den Aktionen in den Schulen oder bei anderen Anlässen interessiert gezeigt haben, ein geeignetes Format, z.B. als Workshop oder Barcamp finden, und dann über gewünschte und sinnvolle Strukturen, Methoden und Formen von dauerhafter Jugendbeteiligung reden und erste Entscheidungen fällen.“ Ziel ist dafür zu sorgen, dass Jugendliche kommunal nicht nur sporadisch mitbestimmen, sondern insbesondere überall dort, wo ihr Alltag, ihre Lebenswelten durch politische Entscheidungen betroffen sind.

Sabine Wessels: „Anschließend wird die Politik am Zuge sein. Wenn die Jugendlichen Ideen und Wünsche ausarbeiten, muss ein dauerhaftes Mandat über entsprechende Beschlüsse in Rat und Jugendhilfeausschuss strukturell abgesichert sein, damit Beteiligung überhaupt dauerhaft wirksam werden kann.“

 

Zurück